Bitterwasser,
ein Name von dem wohl jeder Segelflieger bereits gelesen oder gehört hat. Von
traumhaften Segelflugbedingungen in einer unglaublichen Gegend war da immer die
Rede, sagenhafte Basishöhen, unglaubliche Schnittgeschwindigkeit die man da
erzielen kann und das zu einer Jahreszeit, bei der man sich im heimischen Europa
bestenfalls in der Werkstatt am Flugplatz, geschweige denn in der Luft aufhält.
Am OLC Symposium 2004 in
Gersfeld stellte Rudi Baucke den vom Vorstand der Bitterwasser AG
ausgeschriebenen Bitterwasser Cup 2005 vor. Der Sieger des europäischen OLC
sollte den Preis bekommen, eine Einladung zu einem 10 tägigen Fliegerurlaub,
einschließlich An- und Abreise und all inklusive vor Ort.
Armin Behrendt und ich
waren gerade vier Monate zuvor als Gewinner des Barron Hilton Cups auf der
Hilton Ranch gewesen und hatten immer noch die traumhaften Bedingungen dort in
bester Erinnerung. So fanden wir, dass dies ein anzustrebendes Ziel sei. Nach
dem zweimaligen Gewinn des OLC Deutschlands 2003 und 2004 sowie einem vierten
und dritten Platz in der Europa Wertung in diesen Jahren wollte ich also 2005
erstmals auch in Europa ganz oben am Treppchen stehen, um so nach Bitterwasser
zu kommen. Bei genauerer Betrachtungsweise und den leider für 2005 weiterhin
unveränderten Regeln, der das sechsfach Jojo bevorzugt, waren Armin und ich uns
allerdings ziemlich sicher, dass wir eigentliche keine echte Chancen gegen die
Österreicher und die Spanien Flieger hätten, da wir unsere Fugziele nicht für
das andauernde Hin und Her Rasen an irgendwelchen Rennstrecken begeistern
können. So versuchten wir uns also auch im Jahre 2005 wieder gemeinsam im engen
Teamflug an den ganz großen Alpen FAI Dreiecken.
Ende Juni, zum Höhepunkt
der Alpensaison lag ich dann dennoch in Führung, auf Rang zwei Wolfgang Zöscher
aus Österreich vor Armin und Guy Bechthold aus Luxemburg, dahinter noch einige
weitere Österreicher mit guten Chancen. Ein wenig geärgert hat uns, dass man zu
diesem Zeitpunkt und auch später, in der Wertung der Top ten Piloten sehr viele
Flüge sah, bei denen die Landung erst weit nach Sonnenuntergang erfolgte und in
der Zeit nach Sonnenuntergang noch viele Wertungskilometer geflogen wurden,
während wir teilweise die Klappen gezogen hatten um legal vor Sonnenuntergang zu
landen. Im Juli, als die Saison in Königsdorf beendet war und wir keinen
einzigen größeren Flug mehr machen konnten, tauchten die ersten Flüge aus
Spanien auf und es dauerte nicht lange, bis Guy Bechthold an Armin vorbeizog. Da
dies ja erst der Beginn der Spanien Saison war, waren wir uns sicher, dass es am
Ende für uns wohl nicht reichen würde. Auch während der Deutschen Meisterschaft
in Lüsse war der alltägliche Blick in den OLC Pflicht. Als dann am 13., 14. und
15. August Norbert Schlafke in Fuentemilanos an drei Tagen hintereinander Jojos
zwischen 1059 km und 1253 km mit seiner ASW 22 geflogen war und nunmehr auf den
zweiten Platz nur noch gut 100 Punkte hinter mir gerutscht war, wurden die
nächste Woche bis zum Meldeschluss am darauf folgenden Dienstag am 23.8. schon
fast zur Qual. Auch in Frankreich kamen nun einige Wellejojos in die Wertung,
die uns Sorge machten, dass es am Ende, quasi auf der Zielgeraden nun doch nicht
reichen könnte, während wir zu Hause zum Arbeiten und zum segelfliegerischen
Nichtstun verdonnert waren. Als ich am frühen Mittwoch Morgen, kurz nach
Mitternacht in die Wertung schaute, kam eine gewisse Erleichterung auf, kein
einziger Spanien Flug war in dieser Woche mehr gemeldet worden, offensichtlich
war die gute Wetterperiode schlagartig vorbei, oder man war kollektiv abgereist.
Dass die Mistrallage in Frankreich vorbei war, konnten wir ja gut verfolgen,
was aber in Spanien vor sich geht, blieb uns als Spanien unerfahrene Piloten
verborgen, lediglich beim gelegentlichen beruflichen Überfliegen Spaniens gen
Kanarische Inseln in der Boeing konnte ich, bzw. Armin im Airbus abschätzen wie
das Wetter dort ist. Nun konnte uns also eigentlich nur noch der Föhn in den
Alpen gefährlich werden, da hätten wir zwar theoretisch auch mitspielen können,
allerdings war unser Händchen im Erkennen der für große Flüge wirklich
geeigneten Lagen bisher eher ein unglückliches, um es nur ganz vorsichtig
auszudrücken, die Innsbrucker wissen ein Lied von unseren Landungen zu
Frühstückszeiten zu singen.. Andererseits waren unsere Dienstpläne auch recht
eng, so dass es ohnehin sehr großer Zufall gewesen wäre, wenn wir dann auch noch
an genau diesem Tag gemeinsam frei gehabt hätten. Als sich der September langsam
dem Ende zu neigte, fingen wir langsam an daran zu glauben, dass es am Ende doch
reichen könnte, für den Bitterwasser Cup 2005.
Nachdem ich in
Lüsse bereits das erste Mal vorsichtig bei Uwe
Förster, einer von vier Vorstandsmitglieder der
Bitterwasser AG nachgefragt hatte, rief ich nun auch Lydia Casper, die
Präsidentin an, denn da ich fünf meiner sechs Siegerflüge im engen Teamflug mit
Armin geflogen war, war es für mich eine Selbstverständlichkeit den Preis mit
ihm zu teilen. Ohne großes Zögern bekam ich sowohl
von Uwe, als auch von Lydia sofort die Zusage, dass wir uns das Flugzeug
selbstverständlich teilen könnten, lediglich die Anreise müssten wir übernehmen
und die Unterbringung für eine Person bezahlen hieß es. Ein ganz recht
herzliches Dankeschön auch an dieser Stelle nochmals für dieses Entgegenkommen!
Nachdem unser Urlaub für
2005 bereits aufgebraucht war, blieb für uns als Termin nur der Januar 2006 und
so ging es am 5.1. los Richtung Bitterwasser. Nachdem der Lufthansa Flug von
München nach Frankfurt ausgebucht war, konnten wir diesen dennoch, aufgrund
unserer Beziehungen Gott sei Dank auf den beiden Klappsesseln im Cockpit des
Airbus 320 mitmachen, denn das Einchecken für den Flug der Air Namibia stellte
uns vor eine längere Geduldsprobe und wenn wir erst mit der nächsten Maschine
nach Frankfurt gekommen wären, hätte das Unternehmen wohl gleich mit einem
gewissen Stress begonnen. So aber standen wir seelenruhig eineinhalb Stunden in
der Warteschlange, bis unsere Koffer durch das einzig vorhandene
Durchleuchtungsgerät geschoben wurden und unsere Akkus natürlich gleich wieder
für Aufsehen sorgten. Auch bei der Kontrolle des Handgepäcks, wo wir alles
mögliche elektronische Gerät wie Ladegerät, Logger, Laptop, Ipaq etc. hatten
fielen wir auf und ließen die erneute Kontrolle artig über uns ergehen.
Zweieinhalb Stunden nach der Landung in Frankfurt saßen wir dann aber endlich in
der Bar vor dem Abfluggate und tranken genüsslich unser Weißbier und stießen auf
die kommenden Tage an.
Nach dem
Abendessen an Bord schliefen wir beide recht schnell ein und sind erst kurz vor
Erreichen der Grenze Namibias wieder wach geworden. Hier machte uns die
geschlossene Wolkendecke ein wenig Sorgen, die sich bis zur Landung in Windhuk
nicht auflösen wollte. Nach Ankunft erfuhren wir vom Taxifahrer, dass es wohl
bis in die frühen Morgenstunden so viel wie selten zuvor geregnet hatte, nicht
wirklich die besten Voraussetzungen für gute Segelflugbedingungen dachten wir.
Auf der knapp dreistündigen Fahrt zur Bitterwasser Farm lockerte es aber
zunehmend auf und für aus dem winterlichen Europa kommende Segelflieger zeigte
sich ein gigantischer Segelflughimmel, wenn auch uns die Basis nicht so ganz
berauschend vorkam. So sahen es dann auch die Piloten in Bitterwasser, denn als
wir ankamen saßen alle gemütlich beim Mittagessen und an Fliegen dachte keiner,
schließlich sei man ja diese Saison bereits 81 Flüge mit mehr als 1000 km
geflogen, erzählte man uns sofort vollen Stolzes. Nach einer längeren
Begrüßungsrunde, bei der wir viele alte bekannte Gesichter trafen, konnten wir
auch gleich das erste Mal das hervorragende Ergebnis der Küche genießen. Nachdem
wir unseren luxuriösen Bungalow bezogen
hatten und einer kurzen theoretischen Einweisung der örtlichen Besonderheiten
und der Erledigung der Formalitäten, machte ich mit J.R., dem Flugbetriebsleiter
von Bitterwasser einen kurzen Einweisungsflug über die Pfanne und ich konnte das
erste Mal die unglaubliche Sicht von oben erleben. Danach übernahmen wir von
Stefan die uns zur Verfügung stehende LS 8t, die ich selbst noch von der
Deutschen Meisterschaft aus Lüsse kannte, auch dies erfolgte überaus
unbürokratisch und der nächste Tagesordnungspunkt, das drei Gänge Menu des
Abendessens folgte sogleich. Somit war auch schon klar, dass der Vorsatz das ein
oder andere Pfund des Weihnachtsspecks zu verlieren uns wohl nicht gelingen
würde.
Samstag, 7.1.
Der nächste
Tag begann, nachdem es abends noch kräftig geregnet hatte, mit acht Achtel
Bewölkung und niemand war so richtig optimistisch. Dennoch riss es gegen Mittag
auf und ich startete gegen 14:00 Uhr zum ersten Erkundungsflug. Als Segelflug
Purist musste ich mich zunächst noch aufklären lassen, dass man vor dem Abflug
den Motor zunächst einmal zur Dokumentation des Motorschriebs am Logger laufen
lassen muss. Also zündete ich nach dem Ausklinken den Turbo, was tatsächlich
genauso einfach war, wie beschrieben. Bei einer Basis von zunächst nur 1000 m
über Grund flog ich von Landemöglichkeit zu Landemöglichkeit gen Nordwesten,
stellte aber recht schnell fest, dass all die Flugplätze im PDA lediglich
landbare Salzpfannen sind. Ich flog zwar immer so, dass ich genügend Sicherheit
auf diese wenigen Landemöglichkeiten hatte, fand die Tatsache einen Rattel im
Gepäck zu haben doch recht angenehm und ganz sicher wäre ich mit einem reinen
Segler bei diesen Bedingungen nicht bis an das Beschränkungsgebiet von Windhuk
gut 100 km von Bitterwasser entfernt heran geflogen. Hier drehte ich und flog
genau gen Süden, erneut von einer Landemöglichkeit zur nächsten, stellte aber,
als ich den Flugplatz Pokweni suchte, bald fest, dass die Datei von der Homepage
lediglich Punkte bis zum Buchstaben „L“ enthielt. Es gab also wohl doch einige
weitere Landemöglichkeiten, allerdings blieb mir verschlossen, welche Pfannen
landbar wären aber mit „M“ oder später im Alphabet beginnen und welche eben
nicht landbar seien, so beschränkte ich mich eben auf die Landemöglichkeiten von
„A“ bis „L“. Nach knapp zwei Stunden funkte mich Armin an, dass ich nicht wie
ausgemacht landen solle, da an der einzigen Schleppmaschine (die meisten sind
hier sowieso Eigenstarter!) nun die 50 Stunden Kontrolle gemacht würde. So
setzte ich den Erkundungsflug fort und folgte einer Wolkenstrasse gen Osten,
wobei ich mich dabei nun mit starkem Rückwind vom Platz weg bewegte und der Tag
sich langsam dem Ende entgegen neigte. Sehr schnell gewöhnt man sich aber an die
Sicherheit der Heimkehrhilfe im Rücken. Während ich mit einem reinen Segler
längst umgedreht wäre, folgte ich nun der Wolkenstrasse weiter gen Osten. Als
ich umdrehte hatte sich die Strasse dann leider ziemlich aufgelöst und ich fand
bei nun etwa 40 km/h Gegenwind nur noch schwache Aufwinde, die mich dem Ziel
Bitterwasser nicht wirklich näher brachten, das Steigen entsprach mehr oder
weniger dem Windversatz. Entlang der im PDA enthaltenen Landemöglichkeiten
hangelte ich mich mühsam bis auf 20 km an den Platz heran und irgendwann zündete
ich im Gegenanflug auf eine vorher genau inspizierte Landemöglichkeit den Turbo.
Nach einer kleinen Schrecksekunde, als der Motor nicht sofort ansprang, da ich
den Deko Hebel zu lange gehalten hatte, röhrte der eigentlich unerträgliche Lärm
hinter mir, was aber in dieser Situation dennoch sehr beruhigend war. So hatte
ich also bei meinem allerersten Streckenflug mit einem Motorsegler meines
Lebens, sofort die taktischen Vorteile jener Spezies erleben können und keiner
braucht mir mehr jemals wieder erzählen, es sei kein Vorteil gegenüber einem
reinen Segelflugzeug! Für afrikanische Verhältnisse waren die knapp 350 km
sicherlich alles andere als erwähnenswert, für mich war es aber nach der diesmal
deutlich verkürzten Winterpause ein schöner Saisonbeginn.
Sonntag,
8.1.
Nach dem
erneut opulenten Abendmahl beschlossen Armin und ich am nächsten Tag nach
Anregung durch die schwäbische Fraktion, die das angeblich täglich mache,
morgens zum Joggen zu gehen. Die Begeisterung hierzu als der Wecker um viertel
vor sechs klingelte war dann allerdings doch gedämpft, später jedoch wäre es
schlichtweg zu heiß dafür gewesen! Dennoch quälten wir uns aus dem Bett und
liefen einmal komplett (zumindest 50 % von uns beiden) um die Pfanne, was
immerhin guten 10 km entspricht. Der Tag begann allerdings erneut mit acht
Achtel, allerdings war erneut die Hoffnung auf ähnliches Flugwetter wie am
Vortag durchaus da, da es am Vorabend auch immerhin nicht geregnet hatte. So
riss es diesmal auch etwas früher auf und Armin startete diesmal bereits um
13:00 Uhr mit der LS 8 zu seinem ersten Erkundungsflug, während ich mir die Zeit
am Pool vertrieb und das einfache Nichtstun genoss, nachdem die Tage und Wochen
vor der Abreise daheim recht stressig waren, da einerseits der Dienstplan recht
eng war und ich in der Freizeit zu 100 % mit Renovieren unseres neu ersteigerten
Hauses beschäftigt war. Armin flog bei etwas höheren Operationshöhen wie am
Vortag knapp 600 km in der LS 8.
Montag, 9.1.
Als wir am dritten Tag
unsere morgendliche 55 minütige Laufrunde um die Pfanne das erste Mal unter
blauem Himmel joggten, dachten Armin und ich, als mitteleuropäische
Segelflieger, dass es heute nun ein wirklich guter Tag werden könnte. Die
Ernüchterung kam allerdings beim Frühstück, als einer nach dem anderen zum
Hygrometer schaute und dieses missmutig wieder verlies. Das wichtigste Anzeichen
für einen guten Tag schien hier also die Luftfeuchtigkeit zu sein, die aber lag
bei fast 60 %, was in einer relativ tiefen Basis enden würde. Als wir um kurz
vor halb zehn die ersten Entwicklungen sahen, ging das mitteleuropäische
Segelflieger Auge allerdings weiterhin von einem guten Tag aus und wir wollten
auch sofort starten. So stand ich um viertel vor zehn startbereit, an der an
diesem Tag einzigen Startbahn, da die Pfanne selbst noch zu nass war. Leider war
die Schleppmaschine noch auf dem Weg von Keetmanshoop zurück, um die dort
gestern mit Triebwerksschaden gestrandete ASH 26 samt Fritz Schneider
zurückzuholen. Als diese gegen halb elf zurückkehrte und ich starten wollte, kam
leider ein Eigenstarter nach dem anderen die Bahn mit dem Auto hoch gezogen,
hängte auf der Bahn stehend ab, machte sich gemütlich fertig und startete. Erst
um 11:00 Uhr blieb für mich eine Lücke zum Schlepp, zu diesem Zeitpunkt hatte
Thomas Moosberger, dem dritten Vorstandsmitglied der Bitterwasser AG, bei dem
ich mich auch an dieser Stelle ebenfalls für die Stiftung des Preises bedanken
möchte, bereits 100 km geflogen. Gemeinsam mit Rudi Baucke und Armin, beide in
der ASH 25 von Rudi fliegend, die alle nur unter „KISY“ kennen, flogen wir im
Team zunächst nach Nordosten. Wir flogen von Anfang an einen Schnitt jenseits
der 100 km/h, obwohl die Operationshöhe lediglich zwischen 900m und 1300m über
Grund lagen. Trotz hervorragender Optik wurde die Thermik nach etwa 100 km
deutlich schlechter und wir kurbelten zum Teil nur noch ein Meter Bärte. Am
Abend erfuhren wir dann, dass hier doch eigentlich jeder weiß, dass man die
Gegend um Gogabis großräumig meidet, aber was weiß ein Mitteleuropäer schon von
Gogabis... Als wir auch merkten, dass dies wohl wenig ergiebig sei, wendeten wir
und legten einen nun 300 km langen Schenkel nach Südwesten mit Schnitten
teilweise über 130 km/h hin, wobei der Unterschied zwischen der LS8-18, trotz
der 50er Flächenbelastung und ASH 25 doch erheblich waren und die ASH des
öfteren die Klappen ziehen musste. Es folgte nach der Wende und einem Flug gen
Nordwesten noch ein Schenkel nach Südosten und zurück und wir waren für den
ersten Streckentag, den wir in Namibia geflogen waren, trotz des Fehlers der
falschen Routenwahl mit unseren 860 km, bzw. 880 km zufrieden.
Dienstag, 10.1.
Am Folgetag sind wir
europäische Wüstensöhne dann, nachdem wir erneut mindestens eine halbe Stunde zu
spät in die Luft gekommen waren, da wir zunächst noch die Radbremse der LS 8
reparieren mussten, zunächst gen Südosten bis an die Grenze von Botswana
geflogen. Diesmal saß Armin in der LS 8 und ich flog in der ASH gemeinsam mit
Rudi, bei dem wir uns an dieser Stelle auch ganz recht herzlich bedanken wollen,
dass er jeden Tag einen von uns beiden mitgenommen hat. Gleich der dritte Bart
ging teilweise integriert bis auf sieben Meter, einen Wert, den ich bisher
eigentlich nur vom Wellenfliegen kannte. Leider war es aber eine Ausnahme und
wir mussten uns im weiteren Verlauf mit „mickrigen“ drei bis vier Meter Bärten
begnügen. Für den ersten Schenkel über etwa 280 km brauchten wir gerade einmal
zwei Stunden und zwanzig Minuten. Da man nach Botswana nicht einfliegen darf,
wendeten wir und flogen zurück gen Nordwesten, wobei wir den 60 Minuten Schnitt
am PDA immer zwischen 140 km/h und 150 km/h halten konnten. Bei Kalkrand
wendeten wir und bogen 90 Grad gegen Südwesten ab, ein fataler Fehler, wie sich
alsbald herausstellen sollte, denn wir mussten recht bald immer mehr nach links
ausweichen, so dass wir 50 km mehr oder weniger umsonst geflogen waren, das
Ganze bei einem Schnitt, der bis auf 100 km/h sank. So waren die bis dahin
angepeilten 1100 km natürlich verspielt. Nach einer erneuten Kurskorrektur genau
nach Süden, wendeten wir 1:45 Stunde vor Sonnenuntergang 220 km von Bitterwasser
entfernt. Ein gestreckter Gleitflug über Bitterwasser hinaus und einer Landung
genau mit Sonnenuntergang ergaben am Ende 1038 km. Armin schaffte damit den
ersten Flug mit der LS 8 über 1000 km in dieser Saison in Bitterwasser.
Insgesamt vier Flüge mit mehr als 1000 km konnten heute geflogen werden und JR
verkündete stolz, dass es nun nur noch zwölf Flüge seien, um die magischen
Anzahl von 100 Flügen mit mehr als 1000 km von Bitterwasser aus zu erreichen...
Mittwoch, 11.1.
Am Mittwoch war dann
endlich die so viel beachtete Luftfeuchte beim Frühstück bereits knapp unter 20
% und die Basis Vorhersage lag bei knapp 5000 Meter. Wie geplant starteten wir
um elf, allerdings ins Blaue hinein. Nach 50 km erreichten wir die ersten
Wolken, allerdings in nur noch 500 Meter über Grund. Die Optik nach Nordosten
war recht gut, allerdings erreichten wir nie einen Schnitt über 100 km/h. Nach
etwa 150 km wurde der Boden unter uns, aufgrund der vielen Regenfälle der
letzten Wochen recht grün, was wohl eher ungewöhnlich für die Wüstengegend ist,
aber eben auch nicht wirklich gut für die Thermik ist. So sanken die Steigwerte
auch immer weiter und nach etwa 200 km entschieden wir uns dazu, zu wenden.
Leider verfolgten uns auch heute technische Probleme, da ich nach drei Stunden
nicht mehr funken konnte, da die Batterien offenbar nicht geladen waren.
Zusätzlich war beim zweiten Batteriekreis beim Testlauf des Turbos die Sicherung
durchgebrannt. Damit war ein Teamflug via Funkkontakt nicht mehr möglich. Per
SMS einigten wir uns auf den weiteren Flugweg, Armin und Rudi flogen immer
hinter mir, um mir evtl. Hinweise per Funk geben zu können, denn hören konnte
ich noch. Allerdings war das Gefühl im Falle des Falles nun den Turbo auch nicht
mehr nutzen zu können schon ein kleines Beklemmnis. Als wir nach vier Stunden
Flugzeit wieder an Bitterwasser vorbei, waren gerade etwas mehr als 400 km
geflogen. Voraus aber war eine sehr gute Optik, so dass ich mich entschied nicht
zu landen und die technischen Probleme zu lösen, sondern als reiner Segelflieger
weiter zu fliegen. Der Schnitt stieg nun kontinuierlich bis 150 km/h, so dass
die 1000 km Marke trotz der nun nur noch verbleibenden gut vier Stunden und der
noch fehlenden 600 km bis Sonnenuntergang, durchaus im Bereich des möglichen
war. Wir wendeten im Süden nördlich von Helmringhausen, um von dort genau nach
Norden entlang der berühmten, heute gut ausgebildeten Konvergenz zu fliegen. Der
Ostwind aus der Savanne trifft hier mit dem Westwind aus der heißen Namib Wüste
zusammen und lässt manchmal eine für Segelflieger hervorragende Linie entstehen.
So konnten wir mit Schnitten bis knapp 170 km/h, gerade einmal drei Aufwinde
kreisend, knapp 200 km gen Norden fliegen. Aufgrund meines nicht vorhanden
Motors entschieden wir uns jedoch es nicht auszureizen und drehten zwei Stunden
vor Sonnenuntergang Richtung Bitterwasser ab, was gut 160 km entfernt lag, um
noch einmal darüber hinaus und zurück zu fliegen. Am Ende war JR wieder sehr
glücklich, denn neben unseren Flügen mit 1030 km OLC Distanz konnten noch
weitere vier Flüge jenseits der 1000 km Marke beendet werden. Nun lag die
Gesamtzahl also bei 94 Flügen mit mehr als 1000 km in dieser Saison von
Bitterwasser aus. Beim Abendessen war natürlich die große Frage, was JR denn tun
würde, falls nun tatsächlich die 100er Marke überschritten würde. Man war sich
jedoch einig, dass JR dann in den Pool fliegen würde...
Donnerstag, 12.1.
Das
morgendliche Ritual beim Frühstück am Donnerstag, der Blick auf das Hygrometer
verhieß nichts Gutes. War gestern doch trotz der relativ geringen feuchte von
unter 20 % die Basis nur um die 4000m und nicht bei den vorhergesagten knapp
5000m, so lag die Feuchte heute bereits wieder bei 27 %. Diesmal klinkte Armin
etwas niedrig und musste, um einen Wiederstart zu vermeiden den Turbo ziehen,
wobei er feststellen musste, dass dieser bei 575 kg Fluggewicht, einer
Temperatur jenseits der 30 Grad und einer Flugplatzhöhe von 1250 m NN, nur zu
vermindertem Sinken reicht. Dank eines thermischen Aufwindes im Gegenanflug,
konnte er die Landung mit laufendem Turbo auf der Pfanne aber doch noch
vermeiden. Um halb zwölf flogen wir dann wieder im gewohnten Trio ab, diesmal
war die Richtung wieder ganz klar Richtung Südosten vorgeben. Ein Phänomen für
uns, denn jeden Tag entwickelte es offenbar woanders zu erst. Diesen Effekt
hatten wir beim Studium aller Flüge ex Bittewasser aus der vorherigen Saison
bereits verfolgen konnten, als wir alle Flüge mit mehr als 800 km im See You
übereinander gelegt hatten. Mehr oder weniger Sternförmig flogen alle von
Bitterwasser los, um abends ebenso von allen Richtungen wieder gen Bitterwasser
zurückzukehren. Von Beginn an flogen wir heute einen Schnitt um die 130 km/h.
Gleich nach dem Abflug bekam ich eine SMS von Reinhard Schramme mit dem
Glückwunsch zum 1000er von gestern, was mich sehr freute und ich ihm gleich
zurück schrieb. Überhaupt war die SMS Kommunikation unsere einzige Verbindung
nach Deutschland, da am Boden kein Empfang war, unglaublich was die heutige
Technik so möglich macht, man fliegt über der Wüste Afrikas und smst mit daheim.
Nach gut 250 km Südost Kurs, wendeten wir genau Richtung Westen, um heute einmal
ein FAI Dreieck zu fliegen. Dieser Schenkel, den wir 314 km lang machten, lief
dann bereits mit 143 km/h, um von hier erneut auf die vom Vortag noch bekannte
Konvergenz nach Norden einzuschwenken. Trotz der am Morgen hohen gemessenen
Feuchte war die Basis heute mit 4300m, hier höher als gestern und wir konnten
zunächst entlang der Konvergenz einen Schnitt von über 180 km/h halten. Die
ursprünglichen Planungen des 1100er FAI Dreiecks wuchsen so langsam gen 1200 km,
was bei einem Schnitt von „nur“ 150 km/h bereits möglich gewesen wäre. Leider
verlor die Konvergenz nach gut 200 km ihre Stärke und trotz weiterhin gut
aussehenden Wolken wollte uns keine mehr so richtig Aufwind schenken. Westlich
von Rehoboth fanden wir uns plötzlich sehr niedrig wieder, an ein weiter Fliegen
nach Norden war nicht mehr zu denken, jetzt ging es plötzlich ums reine
Obenbleiben. Eine geschlagene Stunde bastelten wir nun herum, um teilweise bei
starkem Wind Luv Effekte der Berge auszunutzen, was uns an die heimischen Alpen
erinnern lies. Als wir wieder oben waren, waren wir noch gut 120 km von
Bitterwasser entfernt und es waren nur noch 50 Minuten bis Sonnenuntergang. Das
heißt, dass wir mit mindestens 150 km/h über Grund fliegen mussten, um noch vor
Sonnenuntergang daheim zu sein. In 3500m war die TAS auch dementsprechend. Bei
Kilometer 90 fanden Rudi und ich noch einmal einen anderthalb Meter Bart, der
uns die letzte Sicherheit zum Umfliegen der Schauer brachte. Beim Durchflug bot
sich dann ein grandioses Bild, als sich der Regenbogen komplett zum Kreis um uns
herum ausgebildet hatte, so etwas hatte ich so, weder bei 4000 Segelflugstunden,
noch bei 10.000 Jetstunden noch nie gesehen. Leider hatte Armin heute die Kamera
dabei, um auch Fotos von der ASH zu machen und er war zu diesem Zeitpunkt
bereits mit Motor am heim fliegen und hatte für fotografische Ergüsse bei der
immensen Motorleistung des Turbos keine Zeit. Als er im Funk meinte er werde
jetzt zünden, fragte ich ihn, er möge doch noch kurz auf den Kilometerzähler
schauen, sagte er: „996 km“. Ich meinte daraufhin, dass JR wohl sehr glücklich
wäre, wenn er noch vier Kilometer warten würde, was er dann auch tat. So waren
es insgesamt 98 Flüge mit mehr als 1000 km, denn auch Thomas Moosberger im
Nimbus 4D und das ASH 25 Team Susanne Hertneck/ Arno Kleinert übertrafen die
magische Marke. In Bitterwasser angekommen flogen Rudi und ich nach Ipaq noch zu
unserem ersten Bart am Dunehouse um das 1066 km FAI Dreieck zu schließen. Erneut
fielen wir drei uns in die Arme, im Bewusstsein wieder einen unglaublich schönen
Segelflugtag erlebt haben zu dürfen.
Freitag,
13.1.
Am Freitag
startete ich bereits um halb elf, obwohl die Entwicklung noch nicht berauschend
war, dafür lies ich mich auf 1000m schleppen und flog gemeinsam mit Thomas
Moosberger gen Südosten ab. Armin und Rudi in der ASH starteten 10 Minuten
später und holten mich nach knapp 100 km wieder ein. Gemeinsam ging es dann bei
deutlich schlechteren Steigwerten und niedriger Basis als am Vortag, bis kurz
vor die Grenze von Botswana. Von hier legten wir den nächsten Schenkel nach
Südwesten, tendenziell etwas südlicher als am Vortag. Bei 20 km/h Ostwind stieg
der Schnitt nun natürlich, trotz der weiterhin schlechteren Bedingung auf gut
140 km/h. Südlich Bethanien setzen wir nach 307 km die nächste Wende, womit
wieder alle Optionen für FAI Dreiecke zwischen 875km und 1250 km offen waren.
Die berühmte Konvergenz neigte heute allerdings schon zu Schauern, so dass wir
sehr weit westlich ausgewichen sind, was aber einen recht großen Umweg bedeute.
Touristisch war es aber der eindrucksvollste Flug bisher, flogen wir doch
teilweise bereits über der Namib, in der die Luft heute wesentlich klarer war,
als die Vortage, so dass der rötliche Schimmer der Wüste ein eindrucksvolles
Schauspiel abgab. Am Rand war die Wüste sogar mit einem leichten grünen Hauch
überzogen, ein Ergebnis der vielen Regenfälle der letzten Zeit Wie wir später
erfuhren, wäre jedoch der Weg östlich der Schauerlinie der wesentlich schnellere
gewesen, holte uns doch Sigi Baumgartl mit seinen Ventus spürbar von hinten auf,
um uns unserer nördlichen Wende sogar einzuholen. Diese Wende setzten wir so,
dass es ein gutes FAI 1000er geworden wäre, denn nach Norden war der Flug nun
durch Schauer versperrt. Der Rückweg nach Bitterwasser war allerdings auch stark
von Schauern geprägt und als ich einmal praktisch abstürzte und mich in 2500m,
140 km von Bitterwasser, 75 Minuten vor Sonnenuntergang wieder fand, war die
Sorge doch groß am Freitag den 13. den Platz erneut nur mit Hilfe des Motors
erreichen zu können. Ein anderthalb Meter Bart brachte mich zwar nochmals auf
3600m, aber nun war noch genau eine Stunde Zeit und noch 130 km zu fliegen. Der
Rechner sagte zwar, es würden nur rund 400 Meter fehlen, aber die Zeit lief
davon und die Entwicklung voraus sah nicht beruhigend aus. Ich entschloss mich
ab sofort auf alle Kilometer Optimierungen zu verzichten und einen schnellen
Gleitflug mit einer Grundgeschwindigkeit zwischen 150 km/h und 180 km/h, entlang
der südlich vom Kurs gelegenen Aussenlande Möglichkeiten zu legen, um so die
hohe Geschwindigkeit im Segelflug auszunützen, da die Grundgeschwindigkeit mit
laufendem Triebwerk, wie ich von Armin vom Vortag wusste nur um die 120 km/h
betrug. Bei Kilometer 1020 zündete ich 500 Meter über einem Feld den Turbo. Auch
Armin und Rudi hatten bereits gezündet und flogen mit Motor gen Heimat im Norden
um die Schauer. Leider war für mich bei laufendem Triebwerk ohne Kopfhörer nun
keine Funk Kommunikation mehr möglich und ich verstand immer nur bruchstückhaft
was mir Armin sagen wollte. Entlang der Strasse, die ich als Sicherheit immer in
Reichweite hatte, stieg ich mit immerhin 20 bis 30 cm/s. Der Anflug
Bitterwassers aber, so viel hatte ich noch gehört, war nur von Norden her
möglich, was für mich nun eine Kursänderung von 60° bedeutete. Damit wuchs die
zurückzulegende Strecke natürlich erheblich und die Zeitreserve bis
Sonnenuntergang schwand dahin. Nun kam mir meine berufliche Erfahrung zu Gute,
verfahren wir in der Berufsfliegerei doch immer nach dem so genannten FORDEC
Modell. „F“ für Fakten, die waren klar: baldiger Sonnenuntergang, einige
Landemöglichkeiten vor dem Platz und ein Schauer zwischen mir und Platz. „O“ für
Optionen, die waren: Sicherheitslandung vor dem Platz oder Umfliegen des
Schauers im Norden und Anflug von Bitterwasser, was aber eine Landung erst nach
Sonnenuntergang bedeutet hätte. „R“ für Risiko, welches war, dass ich aufgrund
der Funkproblematik nicht wusste, ob der Platz selbst zum jetzigen Zeitpunkt
überhaupt noch anfliegbar gewesen wäre. Im Falle eines Umfliegen des Schauers
und einer nicht möglichen Landung in Bitterwasser hätte dies bedeutete, dass ich
nach Sonnenuntergang, und hier wird es deutlich schneller dunkel als man es von
Südfrankreich, oder gar von Deutschland kennt, auf eine Pfanne hätte landen
müssen. Eine weitere Option, den Motor kurzfristig auszuschalten, um zu funken,
verwarf ich schnell wieder, weil das Risiko bei einem evtl. nicht wieder
anspringen dann gar keine Option mehr zu haben, mir zu groß erschien. Somit kam
ich zu meinem „D“ der decision, wie man im neudeutschen sagt und entschied mich
zur Sicherheitslandung 12 km vor dem Platz auf einer Pfanne. Das „C“ der Check
gab mir unter Berücksichtigung aller evtl. Vorteile einer Landung am Platz
Recht. Nachdem ich bereits vorher über Funk immer meine Position durchgegeben
hatte, meldete ich meine Entscheidung zur Landung ebenfalls, da das Handy hier
am Boden ja nicht funktioniert. Die Option auf der kleinen Strasse zu landen,
was einen deutlich besseren Rücktransport bedeutet hätte, verwarf ich wieder, da
mir zu viele Büsche entlang des Straßenrandes standen. Hatte man mir anfangs
gesagt, man solle im Zweifelsfall am Rand einer Pfanne landen, da es hier
trockener sei als in der Mitte, traf dies hier offensichtlich nicht zu, denn der
Rand war schon ein kleiner See, während mittig es noch einigermaßen trocken
aussah. Ich machte noch einen Kreis, um den Versatz zu beobachten, denn es war
auch recht böig in der Nähe all dieser Schauer. Erst im Endteil, als klar war,
dass die Pfanne tatsächlich landbar war und auch die Landerichtung passt,
stoppte ich den Motor und konnte nun auf einmal im Funk auch Sigi Baumgartl
hören. Diesem teilte ich nochmals meine exakte Peilung und Entfernung mit und
setzte sanft auf dem sehr weichen Boden auf. Als ich ausstieg sah ich am Rand
Lichter von einem Auto, ich packte den Ipaq zwecks wieder finden des Flugzeuges,
verwarf aber die Idee dorthin zu gehen sehr schnell wieder, da ich im
Zweifelsfall das Flugzeug nicht hätte wieder finden können und dann ohne
Funkgerät, meiner einzigen Kommunikationsmöglichkeit, in der Mitte von Nichts
gewesen wäre.
Nun saß ich
also in einer Pfanne mitten in Afrika und versuchte in den wenigen verbleibenden
Minuten bis zur Dunkelheit alles für eine evtl. Übernachtung im Flieger zu
organisieren. Ich holte das Notpack hervor und musste entsetzt feststellen, dass
keine Taschenlampe enthalten war, im Gegensatz zu meinem Notpack bei mir daheim.
Ich legte die Wasserflasche, sowie meinen Trinksack parat, das Handy, meine
einzige Lichtquelle neben dem Ipaq und musste die Haube schließen, da nun ein
heftiger Schauer über mich hinweg zog. Nun war ich wohl der erste Pilot, der am
Boden stehend einen Pinkelbeutel zum Fenster rausschmiss. Als alles so weit
eingerichtet war, fiel mir auf, dass es mit der langen Unterhose über Nacht
vielleicht doch etwas zu warm werden könne, da ich dies aber nicht bei völliger
Dunkelheit erledigen wollte, entschied ich mich dazu, während des Regens noch im
Cockpit sitzend meine Hose auszuziehen, was einer kleinen akrobatischen
Meisterleistung entsprach. Eine göttliche Eingebung lies mich noch einmal die
Frequenz im Funkgerät mit Hilfe des Lichtes vom Ipaq checken, denn wenn man mich
in der Nacht finden will, dann nur mit Hilfe des Funkgeräts. Tatsächlich hatte
ich dieses durch das herum hantieren verstellt, so dass ich es auf Bitterwasser
Frequenz zurück drehte. Als dann alles eingerichtet war, ich hatte meine Weste
als Kopfkissen hingerichtet und etwas Ruhe aufkam, kamen die ersten Gedanken
darüber wie es nun weitergehen wird. War da nicht in der letzten Luftsport bei
einem Artikel über Namibia gestanden, dass nur wenige Piloten die Aussenlandung
überleben würden und man von Löwen gefressen wird? Na ja diese Gedanken waren
bei mir zugegeben eher zweitrangig, eher über das, „wie bekommen wir den Flieger
hier jemals wieder raus?“ Aber auch, dass JR nun zumindest seine ersehnten 100
Flüge über 1000 km hat und er beim morgendlichen Briefing in den Pool fliegen
würde ging mir durch den Kopf. Etwa anderthalb Stunden nach der Landung sah ich
erneut zwei Autos entlang der Strasse fahren. Sollten das etwa schon die
Rückholer sein, ich setzte regelmäßig Funksprüche ab, denn ich war mir sicher,
dass auch sie eines dabei haben würden. Leider empfing ich nichts, aber es sah
tatsächlich danach aus, als ob man mich suchen würde. Ich überlegte, ob ich eine
Signalrakete abschießen sollte, entschied mich aber dazu, nachdem der Regen
wieder vorbei war und ich die Haube öffnen konnte Lichtzeichen per PDA zu geben,
da ich die Anleitung für die Raketen noch nicht gelesen hatte. Dann auf einmal
hörte ich Armins vertraute Stimme sehr verzerrt im Funk. Man hatte das Licht
tatsächlich gesehen. Zusätzlich hatten zwei Arbeiter eines Farmers die Landung
beobachtet und der Farmer hatte in Bitterwasser angerufen und gemeldet, dass ein
Segelflugzeug „gecrasht“ sei. Gott sei Dank hatte ich Sigi noch von meiner
geglückten Landung berichten können. Dieser Farmer lotste nun die Rückholcrew zu
mir, ohne seinen Allrad wäre ein Vordringen allerdings unmöglich gewesen. Da nun
klar war, dass ich die Nacht doch nicht im Flieger verbringen müsse, wurden die
Gedanken, wie wir Morgen den Flieger bergen können, nun immer mehr. Es gab ein
großes Hallo, als Armin, JR, Stefan und zwei der schwarzen Lineboys bei mir
eintrafen. Wir sicherten den Flieger für die Nacht und fuhren auf der Ladefläche
des Pickups zum Farmhaus. Gegen elf Uhr, also nur drei einhalb Stunden nach der
Landung wurde ich so bereits wieder durch das köstliche Essen der Bitterwasser
Küche verwöhnt.
Samstag, 14.1.
Beim nächsten
morgendlichen Briefing war die Nachtlandung eines Piloten, für den extra Autos
zum Ausleuchten der Landebahn positioniert wurden, sowie meine Aussenlandung,
die erste der Saison überhaupt, natürlich Mittelpunkt. JR war mit Armin zusammen
beim allmorgendlichen Temp Flug über die Pfanne geflogen und sahen nun die
gesamte Pfanne voll mit Wasser bedeckt, so dass der Spott auf meiner Seite war.
Wasserlandungen hat es ja wohl schon einige gegeben, aber eine in der Wüste
Namibias...??? Aber natürlich wurde auch der
100ste Flug über 1000 km der diesjährigen
Bitterwasser Saison gefeiert. Wie morgens besprochen ging dieser an den ersten
der nach Bitterwasser zurückkehrte und dies war Thomas Moosberger, der nach 1030
km Strecke als erster und einziger überhaupt Bitterwasser ohne Motorhilfe
erreichte. Mit Thomas, bekam diesen Preis meiner Meinung nach auch der richtige,
hat er doch in den letzten zwei Monaten hier nicht weniger als 15 Flüge mit mehr
als 1000 km Flüge absolviert. JR übergab ihm eine Flasche Rotwein.
Rudi und Armin bekamen als 99ste einen Gutschein für einen Eselsritt über die
Pfanne. Mein Flug wurde als der 101. gewertet. Nach dem Briefing wurde JR
natürlich, wie besprochen in den Pool geworfen, Thomas als hundertster Pilot
natürlich auch und es folgten alle weiteren 1000er Piloten und am Ende waren
fast alle im angenehm warmen Nass. Wieder trocken gelegt, flog ich mit Volkmar
Gleich im Ultraleicht zur Landestelle um die günstigste Anfahrt zu erkunden. Zu
diesem Zeitpunkt sah man aber schon ganz deutlich, dass der Flieger auf einer
der höchsten Stellen der Pfanne stand, denn es war mit Abstand die trockenste
Stelle der Pfanne, die etwa 2 km breit und 8 km lang ist. Unterdessen wurde der
einzige 15 Meter Hänger vorbereitet, der angeblich für eine LS 6 angepasst
worden war. Nach dem Mittagessen setzte der Tross sich dann mit insgesamt acht
Mann und eine Frau in Bewegung. Der Farmer, der bereits am Vorabend behilflich
war zog den Hänger mit seinem Allrad zunächst durch ca. 30 cm tiefes Wasser und
Morast. Am Flugzeug angekommen stellte sich als größte Herausforderung heraus,
den Hänger an die LS 8 anzupassen, alles andere verlief nicht anders als bei
einer Landung auf einem weichen Acker auch. Mit Hilfe von vielen Kissen und
Decken und Umschrauben der Einbauten, denn der Hänger hatte ganz sicher noch nie
eine LS 6 oder ähnliches gesehen, hatten wir den Flieger aber nach einer guten
Stunde tatsächlich sicher verstaut. Nach getaner Arbeit gönnten wir uns, nachdem
der Hänger auch wieder heil durch das Wasser am Pfannenrand gezogen war, uns ein
herrlich gekühltes Windhuk Lager Bier, das wir in der Kühlbox mitgenommen
hatten. An dieser Stelle allen Beteiligten ein ganz recht herzliches Dankeschön,
es war eine super Teamleistung, eine wie ich sie an unserem Sport so liebe. In
Bitterwasser angekommen säuberten wir Hänger und Flieger und so war der Tag dann
auch wieder rumgebracht.
Sonntag,
15.1.
Da auch der
nächste Tag wieder sehr gewittrig war, wurde erneut nicht geflogen, am Abend hat
es sogar so stark geregnet, dass die Pfanne völlig unter Wasser stand. Da auch
die Aussichten für die folgenden beiden Tage (unsere letzten) nicht besser
waren, entschlossen wir uns dazu, bereits am Montag die Heimreise anzutreten.
Ein grandioser Segelflugurlaub war zu Ende, wir hatten zwar nur fünf
Streckentage, dafür aber an diesen fünf Tagen jeder über 5000 km geflogen. Ein
riesiges Dankeschön nochmals an alle, die für diesen Preis verantwortlich waren
und die uns diesen fantastischen Aufenthalt ermöglicht haben.
Bitterwasser,
wir kommen wieder!
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