
Auf der AERO hatte ich die erste vollständig bei DG-Flugzeugbau gebaute LS8/18m mit Turbo von Friedel Weber symbolisch übernommen (s.a. aerokurier 6/2005 auf Seite 75). Die konkrete Abholung in Bruchsal erfolgte dann in der Woche vor Pfingsten, also Mitte Mai.
Das war - Gott sei Dank - ein klassisches Happyend, denn lange Zeit hatte es danach ausgesehen, als würde es wohl mit der Weiterproduktion der LS8 bei DG-Flugzeugbau aus juristischen Gründen nichts werden.
Bestellt hatte ich das Flugzeug schon im September 2003, denn kurz vorher hatte ich meine LS6, 18 Jahre geflogen, schweren Herzens nach Belgien verkauft. Insgesamt war ich über 26 Jahre LS-Flugzeugen treu (1978 LS1-f, danach LS3 und LS4). Das sprichwörtliche LS-Handling war mir also in Fleisch und Blut übergegangen.
Der prinzipielle Grund, mir ein neues Flugzeug zu kaufen, war ein mal, dass ich auf ein Flugzeug mit automatischen Runderanschlüssen wechseln wollte (meine LS6 war nicht umrüstbar), und zum Zweiten sollte mit einem Turbo das Außenlanderisiko minimiert werden.
Nachdem unmittelbar nach dem Verkauf meiner LS6 bekannt wurde, dass die LS8 bzw. LS8 mit Turbo bei DG-Flugzeugbau produziert werden sollte, war für mich die Entscheidung für dieses Flugzeug klar; es war in Anbetracht meiner LS-Vorbelastung für mich die ideale Alternative.
Es dauerte aber nicht lange, da zogen dunkle juristische Wolken auf und der Beginn der LS8 - Produktion bei DG-Flugzeugbau stand in den Sternen. Für mich bedeutete das: Auf absehbare Zeit kein Flugzeug!
Seit Pfingstmontag fliege ich nun die LS8-st (wie sie korrekt heißt) und war bisher (Stand Mitte Juli) über 50 Stunden damit in der Luft (bei 12 Starts).
Beeindruckend war gleich der erste Start, bei dem ich mich fast wie in meiner vertrauten LS6 fühlte. Die Sitzposition, Einleiten, Kreisen und Nachfliegen … frappierend wie die LS8 der LS6 ähnelt. Genial auch die Thermikfühligkeit des gesamten Flugzeuges; ich habe den Eindruck, sie ist noch ausgeprägter als bei der LS6. Und wie leistungsfähig die LS8 nach wie vor ist, das hat sie bei der eben zu Ende gegangen Europameisterschaft bewiesen: Etwa ein Drittel der Teilnehmer in der Standard-Klasse flogen diesen Typ, auf den ersten vier Plätzen waren zwei LS8 und gewonnen hat ebenfalls ein LS8-Pilot .
Zurück zu den Flugeigenschaften der LS8. Etwas anders als bei der LS6 verläuft allerdings bei der LS8 wegen der fehlenden Wölbklappen der Landeanflug (da muss man wieder üben, präzise die Fahrt zu halten und den Gleitwinkel mit den Bremsklappen steuern).
Absolut zuverlässig arbeitet das Treibwerk. Bis auf den aller ersten Start habe ich bisher bei allen Flügen das Triebwerk gestartet, in der Regel unmittelbar vor der Landung, also in Platzrundenhöhe. Das ist die kritische Situation, da muss im Ernstfall jeder Griff sitzen und eine systematische mentale Vorbereitung ist hier unerlässlich (aber das gilt für alle Segelflugzeuge mit Klapptriebwerk)!
Extrem einfach ist bei der LS8-st das Aus- und Einfahren des Motors mit einem kleinen Kippschalter im Digitalen Motorüberwachungsinstrument (DEI), einer Eigenentwicklung von DG-Flugzeugbau (s.a. aerokurier 5/2005 auf Seite 80). In deutlich weniger als 10 Sekunden ist das Triebwerk über den elektrischen Spindeltrieb ausgefahren. Das Triebwerk startet dann sicher bei 280 U/min, die Drehzahlanzeige ist sehr gut ablesbar im Digitalen Motorüberwachungsinstrument (DEI). Zum Anlassen selbst, d.h. zum Nachdrücken, benötigt man etwa 140 m, nach dem Hochziehen verringert sich dann der Höhenverlust auf 80 bis 100 m. Man kann davon ausgehen, dass das ausgefahrene Triebwerk auf Grund der niedrigeren Bauhöhe weniger Luftwiderstand hat als Motoren mit einem höheren Dom. Auch der Start des Motors nach einem Windestart ist kein Problem und erweitert natürlich die Nutzungsmöglichkeiten eines Flugzeuges.
Die Steigleistungen sind wie angegeben, zwischen 1,3 und 1,5 m/s kann man am Vario am Abend, d.h. bei ruhiger Luft, ablesen. Das Motorgeräusch selbst vernimmt man im Cockpit als sonor, keineswegs dröhnt es oder vibriert gar der Knüppel o.ä. ... und nach dem Ausschalten der Zündung am Digitalen Motorüberwachungsinstrument (DEI) fährt das Triebwerk fast vollautomatisch ein. Der Blick in den Rückspiegel, ob der Propeller steht, ist wirklich nur noch proforma notwendig (manchmal muss man ein wenig den Dekompressionshebel ziehen, damit die Luftschraube am Propellerstopper anliegt).
Der gesamte Motoreinbau selbst ist absolut perfekt, alle Schläuche, alle Anschlüsse und Ventile sind absolut dicht d.h. trocken; es riecht auch nicht nach Zweitaktsprit, wenn man den Hänger bzw. die Haube öffnet (der Tank ist im Gepäckraum).
Die Verarbeitung des Flugzeuges selbst, insbesondere die Oberfläche, ist allerhöchste Qualitätsstufe (hier hat DG-Flugzeugbau schon immer einen sehr guten Ruf). Nach dem problemlosen Zusammenbau stehen die Querruder absolut auf Null, d.h. sie sind im Strak, und der Knüppel befindet sich exakt in Neutralstellung. Die Geradeausflugeigenschaften sind in der Folge ohne jeglichen Tadel!
Angenehm ist in jedem Fall beim Bodenhandling das nun 5 Zoll große Hauptrad der LS8-s, das erleichtert vor allem auf Grasplätzen die Schiebearbeit ganz enorm.
Alles in allem bin ich der Überzeugung, dass die LS8, ein genialer aerodynamischer Entwurf von Wolf Lemke, der ja seine Vollkommenheit und Perfektion insbesondere erst durch den Mechanik-Tüftler Walter Schneider erreichte, mit der Fertigungsqualität bei DG-Flugzeugbau nun noch mal eine weitere Steigerung erfährt. Flankierend gestützt wird diese Meinung noch durch die hohe Motivation der Mitarbeiter bei DG-Flugzeugbau, die es sich gewissermaßen auf die Fahnen geschrieben haben, das Weiterbestehen der LS-Flugzeuge zu ihrer Sache zu machen (das spürt man allenthalben, vor allem in den persönlichen Gesprächen vor Ort in Bruchsal).
Es ist sehr gut vorstellbar, dass die LS8-st für manchen der vielen LS6- (und LS8-) Besitzer ein Anreiz ist, bei Beibehaltung des gewohnten LS-Feelings, sich noch mal zu verändern und neue Perspektiven zu erschließen. Auch habe ich keine Bedenken, den zahlreichen LS8-Besitzern, bei denen der Motoreinbau bereits vorbereit ist, zur Nachrüstung zu raten.
Gerne kann meine LS8-st von Interessenten besichtigt werden (Probeflüge sind aus versicherungsrechtlichen Gründen leider nicht möglich). Bei dieser Gelegenheit würde ich dann im persönlichem Gespräch über meine sehr guten Erfahrungen mit dem Flugzeug und dem Herstellerbetrieb DG-Flugzeugbau berichten.
Reiner Rose (reiner.rose@t-online.de)
Fotos:
Gerhard Marzinzik (aerokurier)
Stefan Harries
DG-Flugzeugbau
Reiner Rose